Warum gerade das Thema Stress?
- claudiahofmann8
- 23. Feb.
- 5 Min. Lesezeit
Das ist doch schon allgegenwärtig!

Ja, genau deshalb!
Für viele Menschen ist Stress sogar so etwas wie ein Statussymbol. Wenn du ständig im Stress bist, dann bist du unabkömmlich, fleißig, mehrfach engagiert, hältst viel aus. So stellen wir uns doch einen erfolgreichen Menschen vor, oder?
Wir merken aber schön langsam doch, dass der Stress, der uns alltäglich umgibt, mehr Probleme mit sich bringt, als uns lieb ist. Wenn du schlecht zu Ruhe kommen kannst, unter Schlafproblemen leidest, häufig nervös bist, vielleicht sogar ängstlich, dein Kopf ein einziges Gedankenkarussell ist, dass anscheinend nicht mehr stoppen kann – dann bist du in der besten Gesellschaft der Vielzahl von Menschen, die unter dem Stress leiden.
Dann solltest du auf jeden Fall weiterlesen!
Unser Körper ist eigentlich perfekt auf die Bewältigung von Herausforderungen, also Stresssituationen, vorbereitet. Ein ausgeklügeltes System hat Jahrtausende lang unser Überleben gesichert.
Was hat sich verändert? Unser Leben.
Wir haben unser Leben vor allem in den letzten wenigen Jahrzehnten dermaßen verändert. Die Stresssituationen haben sich verändert und sie sind vor allem eines geworden: allgegenwärtig. So entsteht chronischer Stress. DAFÜR sind wir nicht ausgelegt. Dazu kommt eine Vielzahl von zusätzlichen Belastungen, die unser Körper tagtäglich bewältigen muss, wozu auch ständige Einflüsse von außen in Form von Bildern, Tönen und Strahlung, die Kompensation von Bewegungsmangel und das Aushalten schlechter Ernährung gehören.
Aber wir sind nicht machtlos – im Gegenteil! Wir haben sehr, sehr viel selbst in der Hand. Wo es auch hingehört, denn schließlich wollen – sollen – wir selbst doch der Kapitän unseres Lebens sein und nicht bloß Passagier. Auch wenn es verlockend ist, sich diese eine Pille, diese eine Behandlung zu wünschen, nach der alles wieder eitel Wonne ist. Erstens gibt es diese ohnehin nicht.
Und zweitens ist der Prozess der Veränderung, der Weiterentwicklung an und für sich ein Geschenk. Du erfährst so viel über dich und was gut für dich ist – und lernst, es in dein Leben zu integrieren. Wunderschön! Das ist Empowerment!

Im Licht der Evolution
„Nichts in der Gesundheitsförderung ergibt einen Sinn außer im Licht der Evolution“
Das ist der Leitspruch meiner Lektorin und Trainerin in der Gesundheits-förderung, Joe-Petra Stanger (siehe hier: Schlossberginstitut). Ganz besonders beim Thema Stress ist dieser Gedanke zu unterstreichen. Warum?
Wir haben ein von Natur aus ausgeklügeltes und höchst effizientes Stresssystem. Sobald eine Bedrohung auftaucht, schaltet der Körper auf „Stressreaktion“. Körperfunktionen werden auf das konzentriert, was jetzt wesentlich ist, nämlich Kampf oder Flucht. Alle verfügbare Energie wird in den Muskeln zur Verfügung gestellt, Herzschlag und Atmung erhöhen sich, um besonders viel Sauerstoff aufnehmen und verteilen zu können, die Wahrnehmung ist fokussiert, die Konzentration steigt. In einer Bedrohungssituation können Menschen ungeahnte Kräfte aufbringen. Sicher hast du schon einiges gehört, von der Mutter, die ihr Kind aus dem verunfallten Auto befreit, obwohl sie dazu eigentlich gar nicht die Kraft haben kann. Von der alten Dame, die sich gegen den Handtaschendieb mit einer Vehemenz wehrt, sodass er sich geschlagen geben muss. Genial, oder?
Alles in dieser Situation Unwesentliche wird zu Gunsten der Energiebereitstellung blockiert, wie zB die Verdauung und das Immunsystem. Wenn der Tiger vor dir steht und dich angreift, ist der Schnupfen wirklich nebensächlich. Nun gibt es anderes zu tun. Unser Stresshormon Cortisol ist zum Beispiel dafür verantwortlich, während einer Stressphase Immunprozesse zu unterdrücken, also etwa, Entzündungen zu hemmen. Das hat sich die Medizin mit dem künstlich hergestellten Cortison zu Nutze machen können. Aber auch die Produktion von Geschlechtshormonen fällt der Ausschüttung von Cortisol zum Opfer. Denn wie gesagt: es gibt ja aktuell wichtigeres zu tun.

Das klingt ja alles von der Natur sehr durchdacht und optimal abgestimmt. Warum ist es dann ein Problem für uns?
Wir haben uns verändert…
Weil WIR uns und unser Umfeld, unsere Art zu leben, verändert haben. Gerade in den letzten gut hundert Jahren und insbesondere in den letzten Jahrzehnten haben diese Veränderungen Fahrt aufgenommen. Da kommt unser über hunderttausende von Jahren ausgeklügeltes Stresssystem nicht mit.
Wenn wir uns heute einer Stresssituation – einer vermeintlichen Bedrohung – gegenübersehen, sind Kampf oder Flucht in den seltensten Fällen die richtige Reaktion. Auch, wenn wir hin und wieder genau dazu Lust hätten, können wir im stressigen Meeting mit Kolleg:innen nicht brüllen, mit der Keule den Tisch zertrümmern und davonlaufen.
Das ist der eine wesentliche Unterschied und der andere genauso wichtige Unterschied ist, dass unsere heutigen Stresssituationen praktisch wie in einer Kette aneinandergereiht auftreten. Das bedeutet, dass wir eine ganz wichtige Phase der Stressreaktion nicht mehr (ausreichend) leben können: die Regeneration. In dieser Phase würde sich der erschöpfte Körper erholen, die Stresshormone würden wieder abgebaut, der Körper würde langsam wieder auf Normalbetrieb schalten.
Das sind unsere Themen: 1. Stress-Situationen, bei denen Kampf oder Flucht keine (wirkliche) Lösung ist und 2. Stress-Situationen, die so rasch aufeinander folgen, dass keine ausreichende Regenerationsphase mehr möglich ist.
Die Auswirkungen sind vielseitig und einige davon kennst du vielleicht:
Ausreichendes und erholsames Schlafen wird zum Problem,
Muskelverspannungen rufen Schmerzen hervor,
der Körper wird anfälliger auf Infekte,
Auswirkungen auf die Sexualität und auf den Zyklus sind möglich,
viele können nicht mehr oder nur mehr schwer an Gewicht verlieren,
du fühlt sich nervös, vielleicht sogar ängstlich.
Mit der Zeit kann eine bleierne Erschöpfung eintreten – spätestens dann ist es höchste Eisenbahn, etwas zu tun!
Das klingt nun, als wäre Stress eine rein „körperliche“ Problematik: Hormone, Immunsystem, Verdauung…
Du bist EINS – wir können Stress nur ganzheitlich bewältigen
Das Gegenteil ist richtig: Stress ist eine Problematik, der wir NUR ganzheitlich, nämlich auf körperlicher UND psychischer Ebene begegnen können.
Unser psychisches Wohlbefinden verändert sich ganz deutlich, wenn wir unter dauerndem, chronischem Stress stehen. Unser Umfeld nimmt uns mit unter gereizter wahr, wir erleben Stimmungsschwankungen, haben vielleicht das Gefühl, es nicht mehr schaffen zu können, zweifeln und verzweifeln. Es kann auch sein, dass uns vieles, was uns bisher wichtig war, egal wird. Wir ziehen uns vielleicht von unserem sozialen Umfeld zurück.
Stressreaktionen finden also ebenso auf der psychischen Ebene statt.

Und ein ganz wesentlicher Punkt für die nachhaltige Stressbewältigung: unser Stress hat etwas mit UNS zu tun.
Kennst du das? Für deinen Kollegen ist es fast schon lustvoll, vor vielen Menschen zu sprechen. Er genießt die Blicke, die Aufmerksamkeit, das Bad in der Menge. Für dich kommt es einem Horror gleich, du schwitzt, hyperven-tilierst und hast das Gefühl, du könntest kein Wort heraus-bringen. Warum ist das so?
Hier bietet sich eine spannende, wenn meistens auch sehr intensive Reise zu dir selbst an. Wir alle sind mehr als uns vielleicht bewusst ist geprägt von unserem Mindset, von unseren Einstellungen, Werten, Glaubenssätzen, von den Annahmen über die Welt, die wir als gegeben annehmen und nie hinterfragen. Von dem Wert, den wir uns selbst beimessen, weil wir es so gelernt haben. Von „das gehört so“ und „das macht man nicht“, von „man muss“ und „man darf nicht“. Manche von uns haben nie gelernt – oder es verlernt – Gefühle auszudrücken. All das ist uns nicht zur Gänze bewusst, vieles davon läuft automatisch in uns ab, es handelt sich um lang eingelernte und eingeprägte Routinen. Gerade deshalb ist es ein wichtiger Schlüssel für uns.
Der Weg nach vorne führt dich immer zuerst durch dein Inneres.
Das ist der Grund, warum ich mir zum Ziel gesetzt habe, Menschen bei der Bewältigung andauernder, chronischer Stresssituationen zu begleiten. Weil wir EINS sind. Und weil es sich immer lohnt, den nächsten Schritt zu tun. Du kannst nur gewinnen 😊
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